Alexander Eilers

Der Hedonist fordert existentielle Satisfaktion.

Ein planmäßiges Leben ist – wie das Wort schon sagt – flach und mäßig.

Mehrmaliges Aufgießen macht überflüssig.

Überzeugungskraft: Klarer Fall von Sublimation!

Die Zankäpfel der Philosophen sind Fallobst vom Baum der Erkenntnis.

Kunst macht alles anders.

Wer den Musenkuß erzwingt, handelt sich Ohrfeigen ein.

Hohlköpfe sorgen für große Resonanz.

Die Heimat ist das Land, wo Muttermilch und Honig fließen.

Zeitungswesen: Leidartikelgewerbe.

Was mich aufbringt? Unnötige Simplifikation.

Der Ego-Shooter ist die Vollendung der abendländischen Metaphysik.

Wortspiel: Rede-Wendung.

Standpunkte sind Ruhestätten der Wißbegierde.

Religionskritik erfüllt schon lange den Tatbestand der Leichenschändung.

Eine Akademikerkarriere: Dissertation, Habilitation, Rehabilitation.

Die Jugend ist uns vergönnt, um sie im Alter zu bereuen.

Gebundene Rede erfordert Entfesslungskunst.

Die Wahrheit hat kurze Beine. Und: Wer zu spät kommt, wird Lügen gestraft.

Traum ist in der ärmsten Hütte.

Der Wert einer Utopie bemißt sich an ihren Opfern.

Wissenschaftliche Disziplin: Im Fortschritt, marsch!

Das Erstbeste ist das Allerletzte.

Vom Doktorvater zur Brust genommen; kam aber nichts heraus.

Familienleben: Strafvollzug in der kleinsten Zelle der Gemeinschaft.

Begierde im Blick; er ruhte auf ihr.

Aphorismen sind Wildkatzen im Gehege der Prosa.

Kritischer Jargon: Dialekt der Aufklärung.

Keine Sorge! Das Altern hat irgendwann ein Ende.

Promotionsabbruch – dissertiert.

Love, Peace & Happiness: Mund-zu-Mund-Propaganda.

Nur was widerborstig ist, elektrisiert.

Literatur verlangt mehr Glaubwürdigkeit als das Leben.

Phrasendrescher: Flegel unter den Sprücheklopfern.

Niemand hat mehr eine Meinung; man vertritt sie bloß und geht mit ihr hausieren.

Gute Manuskripte werden verlegt, schlechte publiziert.

OPEC: Kartell der Öligarchen.

Alle Menschen sind gleich – und manche reich.

Heutzutage wird das Licht der Wahrheit ausschließlich von Neonlampen gespendet.

Alkohol: Inspirituose.

Was ist der Mensch? Ein heruntergekommener Baumbewohner.

Unterschätzt niemals die Form! Sie hat’s in sich.

Ich würde meine Fehler sofort eingestehen, wenn ich welche hätte.

Geflügelte Worte: Federwild für Aphoristiker.

Die Philosophen sind Hurenböcke. Sie stellen jedem halbwegs attraktiven Gedanken nach.

Lek-Türe.

Triebfeder – unerläßliches Schreibutensil.

Was man der Presse entnimmt, ist naturgemäß platt.

Militärputsch: Generalabrechnung.

Selbst der vorgehaltene Spiegel trügt. Man sieht sich immer noch seitenverkehrt.

Würde? Leider nur ein Konjunktiv.

Die einzige Wahrheit des Kapitalisten ist die bare Münze.

Kritik kratzt an der Weisheitspatina.

An die Künstler: Engagement ist kein Zeitvertrag!

Bei Völkermord drückt man gerne beide Augen zu, und zwar den Opfern.

Die Maxime geht aufs Ganze.

Letzte Gewißheit: Auch Skeptiker müssen dran glauben.

Gefangenschaft – realitätsverhaftet.

Die ersten werden die letzten sein. Oder: Was in ist, ist bereits out.

Mündigkeit spricht für sich.

Wie man andere in Widersprüche verwickelt? Einfach ausreden lassen.

Symmetrie: Kunst der Einfaltspinsel.

„Die Wahrheit ist ein Weib.“ Nietzsches Gleichung mit zwei Unbekannten.

Chrisam: Gleitmittel ins Jenseits.

Vorsatz eines aufstrebenden Akademikers: Forscher werden!

Lyrik ist Logopädie im Zeitalter der Sprachlosigkeit.

Hochrechnungen sagen die Zukunft voraus, sofern alles beim alten bleibt.

Wer die Zeit totschlägt, begeht Selbstmord.

Aphoristik – Résistance gegen den Begriffstotalitarismus.

Neue Studienfächer: Wirtschaftswissenschaft, Lokalhistorie und Bistrologie.

Statistik? Rhetorik der empirischen Wissenschaften.

Achtung beim Verriß! Man schneidet sich leicht am Papier.

Lektor: Text- und Begriffsstutzer.

Auch Gefängniswärter verbringen einen Großteil ihres Lebens im Zuchthaus.

Politik und Wildschutz lehren: Losungen sind Scheiße.

Realisten machen sich nichts vor. Sie sehen nur das, was sie glauben.

Bibliographische Angabe. Wie wahr!

Gedankensprung – mit einem Satz zum kritischen Punkt.

Nackte Tatsache: Lustobjekt der Positivisten.

Schnellebige Zeiten! Die Avantgarde ist bereits ein Klassiker.

Warum Strohköpfe nicht nachdenken? Ein Geistesblitz wäre brandgefährlich.

Aphoristiker: Bon-Mo(n)teur.

Chirurgen machen stets einen guten Schnitt.

Die Intelligenz sitzt in den kleinen grauen Zellen – vor allem im Polizeistaat.

Börse: Institut für Effektenhascherei.

Mangelnder Musikverstand läßt sich in Dezibel messen.

Wirklichkeitstreue? Ein Antipoetikum.

Überlegen: Wer denkt, ist klar im Vorteil.

Gedichte leisten – vor allem in heutiger Zeit – Unerhörtes.

Jahresringe. Unter den Augen.

Ewiger Student: Berufswunsch fürs Paradies.

Der Rebstock ist die beste Krücke.

Er hatte Gegenwind; man hörte seine Schreie kaum.

Minimalforderung: Über-Leben.

In der Lyrik ist das Mittelmäßige bereits schlecht.

Wie tröstlich! Der relative Alterszuwachs nimmt mit den Jahren ab.

2. Juni 1967: Ohnesorgs ApOtheose.

Schreibzwang – Aphorismuß.

Die größte Sorge der Oberschicht ist es, den goldenen Löffel abzugeben.

Hermeneutik: Kunst der Unterstellung.

Kuß. Ein Lippenbekenntnis?

Der Roman ist die Titanic unter den literarischen Gattungen.

Heilsarmee: Wohlfahrtskommando.

Für die Fackel der Aufklärung lag die Lunte schon bereit.

„Wer nachts schläft, verpaßt das halbe Leben“ – und das ganze, wenn er tagsüber auch noch arbeitet.

Doktorhut: Modeartikel der Wissensgesellschaft.

Schützt den Volksmund, entfernt die Weisheitszähne!

Geradlinigkeit? Kürzeste Entfernung zwischen Geburt und Tod.

Animal Farm: Es gibt arme und reiche Schweine.

Hegel schrieb oft, wenn er betrunken war. Er liebte staubtrockene Weine.

? – ein Widerhaken.

Leben eines Fatalisten: Er kam, sah und ging vorüber.

Sprachvermögen bringt die höchste Rendite.

„Ausnahmen bestätigen die Regel“ – nicht die alte, aber die neue.

Politik: Grämienarbeit.

Der Mann auf der Straße; einfach überrollt.

Vorsicht mit dem Lorbeerkranz! Er könnte über die Augen rutschen.

Schlagzeile: Mann gesteht Selbstmord.

Wer sich beengt fühlt, muß sich verbreiten.

Jede Verallgemeinerung ist unzulänglich – auch diese!

Bevor der Schüchterne etwas sagen kann, fällt er sich selbst ins Wort.

Es hätte heißen sollen: Heilt Hitler!

Kunst bedeutet, sich etwas aus den Dingen zu machen.

Oscar Wilde ist mein bester Interpret.

Deutsche Konjugation: vergessen, vergaß, vergast.

Individualisten – über Ecken und Kanten miteinander verwandt.

Schlaf: Traumurlaub.

Die Welt ist alles, was vier Fälle hat.


Alexander Eilers – deutscher Aphoristiker, geboren am 15.4.1976 in Fulda, ist Anglistik- und Philosophiestudent an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Er hat zeitweise als Lektor bei einem Wissenschaftsverlag gearbeitet und übersetzt psychoanalytische Fachliteratur aus dem Englischen. Eine Auswahl seiner Aphorismen erschien in den Philosophiezeitschriften „Der Blaue Reiter“-2002, „ungewußt“-2005 und „Abenteuer Philosophie“-2005.
Weitere Texte von ihm sind auf der Homepage der Online-Magazine „marburger forum, „zitante“, „spuecheportal“ oder „aphorismen-archiv“ zu finden. Im Herbst 2005 nahm Alexander Eilers den 3. Preis des Hattinger Aphorismenwettbewerbs entgegen.
Quelle: Alexander Eilers