Georg Christoph Lichtenberg

Alles auf einmal tun zu wollen, zerstört alles auf einmal.

Dass der Mensch das edelste Geschöpf sei lässt sich auch schon daraus abnehmen, dass es ihm noch kein anderes Geschöpf widersprochen hat.

Dass die Philosophie eine Frau ist, merkt man daran, dass sie gewöhnlich an den Haaren herbeigezogen ist.

Das Wohl mancher Länder wird nach der Mehrheit der Stimmen entschieden, da doch jedermann eingesteht, dass es mehr böse als gute Menschen gibt.

Der Amerikaner, der den Kolumbus zuerst entdeckte, machte eine böse Entdeckung.

Der gemeine Mann hält bei seinem Kirchengehen und Bibellesen die Mittel für Zweck.

Der gerade Weg ist der kürzeste, aber es dauert meist am längsten, bis man auf ihm zum Ziele gelangt.

Der Mensch ist verloren, der sich früh für ein Genie hält.

Der Mensch kommt unter allen Tieren der Welt dem Affen am nächsten.

Der Mensch liebt die Gesellschaft, und sollte es auch nur die von einem brennenden Rauchkerzchen sein.

Die Erschütterung der Luft wird erst Schall, wo ein Ohr ist.

Die Fliege, die nicht geklappt sein will, setzt sich am sichersten auf die Klappe selbst.

Die gefährlichsten Unwahrheiten sind Wahrheiten, mäßig entstellt.

Die Gelehrtesten sind nicht immer die Leute, die die neuesten Ideen haben.

Die gemeinsten Meinungen und was jeder für ausgemacht hält, verdient oft am meisten untersucht zu werden.

Die großen Begebenheiten der Welt werden nicht gemacht, sondern sie finden sich.

Die Leidenschaften machen die besten Beobachtungen und die elendsten Schlüsse.

Die Leute, die den Reim für das wichtigste in der Poesie halten, betrachten die Verse wie Ochsen-Käufer von hinten.

Die Leute, die niemals Zeit haben, tun am wenigsten.

Die Menschen, die niemals Zeit haben, tun am wenigsten.

Die Orakel haben nicht sowohl aufgehört zu reden als vielmehr die Menschen ihnen zuzuhören.

Die unterhaltendste Fläche auf der Erde ist für uns die des menschlichen Gesichts.

Ein Buch ist ein Spiegel, aus dem kein Apostel herausgucken kann, wenn ein Affe hineinblickt.

Er schliff immer an sich und wurde am Ende stumpf, eher er scharf war.

Es gibt Leute, die glauben, alles wäre vernünftig, was man mit einem ernsthaften Gesicht tut.

Es gibt Leute, die gut zahlen, die schlecht zahlen, Leute, die prompt zahlen, die nie zahlen, Leute, die schleppend zahlen, die bar zahlen, abzahlen, draufzahlen, heimzahlen – nur Leute, die gern zahlen, die gibt es nicht.

Es ist fast unmöglich, die Fackel der Wahrheit durch ein Gedränge zu tragen, ohne jemandem den Bart zu versengen.

Es ist keine Kunst, etwas kurz zu sagen, wenn man etwas zu sagen hat.

Es ist schade, dass es keine Sünde ist Wasser zu trinken, rief ein Italiener, wie gut würde es schmecken.

Es ist unglaublich, wie unwissend die studierende Jugend auf Universitäten kommt, wenn ich nur 10 Minuten rechne oder geometrisiere, so schläft 1/4 derselben sanft ein.

Geduld ist das einzige was man verlieren kann, ohne es zu besitzen.

Gerade das Gegenteil tun heißt auch nachahmen, es heißt nämlich das Gegenteil nachahmen.

Heutzutage machen drei Pointen und eine Lüge einen Schriftsteller.

Ich glaube nicht, dass die sogenannten frommen Leute gut sind, weil sie fromm sind, sondern fromm, weil sie gut sind.

Ich habe durch mein ganzes Leben gefunden, dass sich der Charakter eines Menschen aus nichts sicherer erkennen lässt, wenn alle Mittel fehlen, als aus einem Scherz, den er übel nimmt.

Ich kann freilich nicht sagen, ob es besser werden wird, wenn es anders wird; aber soviel kann ich sagen: es muss anders werden, wenn es gut werden soll.

Ist es nicht seltsam, dass die Menschen so gern für ihre Religion fechten und so ungern nach ihren Vorschriften leben?

Jeder Fehler erscheint unglaublich dumm, wenn andre ihn begehen.

Leicht ist es anderen zu raten, schwer, oft für sich selber das Rechte erkennen.

Mäßigkeit setzt Genuss voraus, Enthaltsamkeit nicht. Es gibt daher mehr enthaltsame Menschen als solche, die mäßig sind.

Man muss etwas Neues machen, um etwas Neues zu sehen.

Man sollte nie so viel zu tun haben, dass man zum Nachdenken keine Zeit mehr hat.

Meine Sprache ist allzeit simpel, enge und plan. Wenn man einen Ochsen schlachten will, so schlägt man ihm gerade vor den Kopf.

Nach einem dreißigjährigen Krieg mit sich selbst kam es endlich zu einem Vergleich, aber die Zeit war verloren.

Nichts kann mehr zu einer Seelenruhe beitragen, als wenn man gar keine Meinung hat.

Ruhm und Ruhe sind Dinge, die nicht zusammen wohnen können.

Schlankheit gefällt wegen des besseren Anschlusses im Beischlaf und der Mannigfaltigkeit der Bewegung.

Um sicher Recht zu tun, braucht man sehr wenig vom Recht zu wissen. Allein um sicher Unrecht zu tun, muss man die Rechte studiert haben.

Unsere Theologen wollen mit Gewalt aus der Bibel ein Buch machen, worin kein Menschenverstand ist.

Unter die größten Entdeckungen, auf die der menschliche Verstand in den neuesten Zeiten gefallen ist, gehört meiner Meinung nach wohl die Kunst, Bücher zu beurteilen, ohne sie gelesen zu haben.

Vom Wahrsagen lässt sich wohl leben, aber nicht vom Wahrheit sagen.

Von dem Ruhm der berühmtesten Menschen gehört immer etwas der Blödsinnigkeit der Bewunderer zu.

Wahrhaftigkeit ist die größte List.

Was bin ich? was soll ich tun? Was kann ich glauben und hoffen? Hierauf reduziert sich alles in der Philosophie.

Was hilft aller Sonnenaufgang, wenn wir nicht aufstehen.

Wenn die Fixsterne nicht einmal fix sind, wie könnt ihr dann sagen, dass alles Wahre wahr ist?

Wenn die Menschen sagen, sie wollen nichts geschenkt haben, so ist es gemeiniglich ein Zeichen, dass sie etwas geschenkt haben wollen.

Wenn ein Affe hineinschaut (in den Spiegel), kann kein Apostel heraussehen.

Wenn ein Kopf und ein Buch zusammenstoßen und es hohl klingt, muss es nicht am Buch liegen.

Wenn man Mitleid fühlt, so fragt man nicht erst andere Leute, ob man es fühlen soll.

Wer einen Engel sucht und nur auf die Flügel schaut, könnte eine Gans nach Hause bringen.

Wer nichts als die Chemie versteht, versteht auch die nicht recht.

Wer sich selbst recht kennt, kann sehr bald alle anderen Menschen kennen lernen.

Widerwärtigkeiten sind Pillen, die man schlucken muss, und nicht kauen.

Wie geht’s, sagte ein Blinder zu einem Lahmen. Wie Sie sehen, antwortete der Lahme.

Wie glücklich würde mancher leben, wenn er sich um anderer Leute Angelegenheiten so wenig bekümmert als um seine eigene.

Wir fressen einander nicht, wir schlachten uns bloß.

Wir irren allesamt, nur jeder irrt anders.

Wo Mäßigung ein Fehler ist, da ist Gleichgültigkeit ein Verbrechen.

Woher kommt es doch, dass man bei ähnlichen Gesichtern so oft ähnliche Gesinnungen findet?

 


Georg Christoph Lichtenberg (* 1. Juli 1742 in Ober-Ramstadt bei Darmstadt; † 24. Februar 1799 in Göttingen) war ein deutscher Schriftsteller, Mathematiker und der erste deutsche Professor für Experimentalphysik. Lichtenberg ist der Begründer des deutschsprachigen Aphorismus.
Quelle: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie