Kurt Tucholsky

Alles ist richtig, auch das Gegenteil. Nur ‚zwar – aber‘, das ist nie richtig.

Als deutscher Tourist im Ausland steht man vor der Frage, ob man sich anständig benehmen muss oder ob schon deutsche Touristen da gewesen sind.

Das Ärgerliche am Ärger ist, dass man sich schadet, ohne anderen zu nützen.

Das Christentum ist eine gewaltige Macht. Dass zum Beispiel protestantische Missionare aus Asien unbekehrt wieder nach Hause kommen – das ist eine große Leistung.

Das Loch ist ein ewiger Kompagnon des Nicht-Lochs.

Das Schönste am Sonntag ist der Samstagabend.

Der eigene Hund macht keinen Lärm – er bellt nur.

Der geschickte Journalist hat eine Waffe: das Totschweigen – und von dieser Waffe macht er oft genug Gebrauch.

Der Leser hat’s gut: Er kann sich seine Schriftsteller aussuchen.

Der Mensch hat neben dem Trieb der Fortpflanzung und dem zu essen und zu trinken zwei Leidenschaften: Krach zu machen und nicht zuzuhören.

Der Mensch hat zwei Beine und zwei Überzeugungen: eine, wenn’s ihm gut geht und eine, wenn’s ihm schlecht geht. Die letzte heißt Religion.

Der Satiriker ist ein gekränkter Idealist: er will die Welt gut haben, sie ist schlecht, und nun rennt er gegen das Schlechte an.

Der Sozialismus wird erst siegen, wenn es ihn nicht mehr gibt.

Der Vorteil der Klugheit besteht darin, dass man sich dumm stellen kann. Das Gegenteil ist schon schwerer.

Deutschlands Schicksal: Vor dem Schalter zu stehen. Deutschlands Ideal: Hinter dem Schalter zu sitzen.

Dick sein ist keine physiologische Eigenschaft – das ist eine Weltanschauung.

Die Basis einer gesunden Ordnung ist ein großer Papierkorb.

Die Frauen haben es ja von Zeit zu Zeit auch nicht leicht. Wir Männer aber müssen uns rasieren.

Die Katholiken sitzen vor ihrer Hütte. Ein Heide geht vorbei und pfeift sich eins. Die Katholiken tuscheln: ‚Der wird sich schön wundern, wenn er stirbt!‘ Sie klopfen sich auf den Bauch ihrer Frömmigkeit, denn sie haben einen Fahrschein, der Heide aber hat keinen, und er weiß es nicht einmal. Wie hochmütig kann Demut sein!

Die Seele jeder Ordnung ist ein großer Papierkorb.

Die Siegesgöttin ist nach verlorenem Kampf ein Friednesengel

Dieselben Kartoffeln, dieselben Kapitalisten. Aber andere Röcke. Das ist der Krieg.

Du brauchst nur zu lieben und alles ist Freude.

Dumme und Gescheite unterscheiden sich dadurch, dass der Dumme immer dieselben Fehler macht und der Gescheite immer neue.

Einen Titel muss der Mensch haben. Ohne Titel ist er nackt.

Entspanne dich. Lass das Steuer los. Trudle durch die Welt. Sie ist so schön.

Erfahrung heißt gar nichts. Man kann seine Sache auch 35 Jahre schlecht machen.

Erfahrungen vererben sich nicht – jeder muss sie allein machen.

Es gibt Leute, die wollen lieber einen Stehplatz in der ersten Klasse als einen Sitzplatz in der dritten.

Es gibt vielerlei Lärm. Aber es gibt nur eine Stille.

Es ist schön, mit jemand schweigen zu können.

Frau und Mann sind niemals frei. Stets ist ein Gefühl dabei.

Ich mag mich nicht gern mit der Kirche auseinandersetzen; es hat ja keinen Sinn, mit einer Anschauungsweise zu diskutieren, die sich strafrechtlich hat schützen lassen.

Im Übrigen gilt ja hier derjenige, der auf den Schmutz hinweist, für viel gefährlicher als der, der den Schmutz macht.

Ist dir noch nicht aufgefallen, wie viel Frechheit durch Unsicherheit zu erklären ist?

Jubel über militärische Schauspiele ist eine Reklame für den nächsten Krieg.

Kaufen, was einem die Kartelle vorwerfen; lesen, was einem die Zensoren erlauben; glauben, was einem die Kirche und Partei gebieten. Beinkleider werden zur Zeit mittelweit getragen. Freiheit gar nicht.

Kluge Leute können sich dumm stellen. Das Gegenteil ist schwieriger.

Lasst uns das Leben genießen, solange wir es nicht begreifen.

Man fällt nicht über seine Fehler. Man fällt immer über seine Feinde, die diese Fehler ausnutzen.

Menschen miteinander gibt es nicht. Es gibt nur Menschen, die herrschen, und solche, die beherrscht werden.

Nähme man den Zeitungen den Fettdruck weg, um wie viel stiller wäre es auf der Welt.

Nichts ist schwerer und erfordert mehr Charakter, als sich in offenem Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und zu sagen: Nein!

Reisen ist die Sehnsucht nach dem Leben.

Trudle durch die Welt. Sie ist so schön, gib dich ihr hin, und sie wird sich dir geben.

Überschrift eines demokratischen Leitartikels: Jein! – !

Um populär zu werden, kann man seine eigene Meinung behalten. Um populär zu bleiben, weniger.

Volkswirtschaft ist der Zeitpunkt, an dem die Leute anfangen, darüber nachzudenken, warum sie so wenig Geld haben.

Was die Kirche nicht verbieten kann, das segnet sie.

Was nicht griffbereit ist, was man nicht nachts um zwei Uhr finden kann, das besitzt man nicht. gefunden von Gerhard Bendig

Wenn ein Mensch ein Loch sieht, hat er das Bestreben, es auszufüllen. Dabei fällt er meistens hinein.Wenn wir einmal nicht grausam sind, dann glauben wir gleich, wir seinen gut.

Wer in einem blühenden Frauenkörper das Skelett zu sehen vermag, ist ein Philosoph.

Wir bilden bis in die weiteste Ferne Trusts, Kartelle, Verbände, Konzerne.

Wir lagen auf der Wiese und baumelten mit der Seele.

 

 


 

Kurt Tucholsky (* 9. Januar 1890 in Berlin; † 21. Dezember 1935 in Göteborg) war ein deutscher Journalist und Schriftsteller. Er schrieb auch unter den Pseudonymen Kaspar Hauser, Peter Panter, Theobald Tiger und Ignaz Wrobel. Quelle: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie/sub>