Ludwig Börne

Alle Narrheit erschöpfen – so gelangt man zum Boden der Weisheit.

Als Gott die Welt erschuf, da schuf er den Mann und das Weib, nicht Herrn und Knecht, nicht Juden und Christen, nicht Arme und Reiche.

Armut ist eine Sandbank, Reichtum ein Felsen im Meer des Lebens. Die Glücklichen schiffen hindurch.

Das Geheimnis der Macht besteht darin, zu wissen, dass andere noch feiger sind als wir.

Das Schmollen der Weiber ist nichts als ein Guerillakrieg, den sie gegen die konzentrierte Macht der Männer führen, ein Krieg, in dem sie immer siegen. Die einzige Art zu betrügen, die noch Erfolg hat, ist – offenherzig zu sein.

Der Humor ist keine Gabe des Geistes, er ist eine Gabe des Herzens.

Der Mensch wird in der Fremde geboren, leben heißt die Heimat suchen.

Der Unterschied zwischen Freiheit und Freiheiten ist so groß wie zwischen Gott und Göttern.

Die Fassung der Edelsteine erhöht ihren Preis, nicht ihren Wert.

Die öffentliche Meinung ist die unsichtbare Rüstung des Volkes.

Duldsame Menschen sind die ungeduldigsten und geduldige die unduldsamsten.

Du musst klein sein, willst du den kleinen Menschen gefallen.

Ein Mann von Geist wird nicht allein nie etwas Dummes sagen, er wird auch nie etwas Dummes hören.

Ein verrostet Schild flehte zur Sonne: Sonne, erleuchte mich! Da sprach die Sonne zum Schilde: Schild, reinige dich!

Eine Frau von innerer Güte ist immer liebenswürdig befunden worden, und eine, die noch nach drei Tagen hässlich gefunden wird, ist gewiss nicht liebenswürdig.

Einen Wahn verlieren macht weiser als eine Wahrheit finden.

Es gibt Menschen, die geizen mit ihrem Verstand wie andere mit ihrem Geld.

Es kann das Volk sein eigener Tyrann sein, und es ist es oft gewesen.

Grosse Leidenschaften sind wie Naturkräfte. Ob sie nutzen oder schaden, hängt nur von der Richtung ab, die sie nehmen.

Humor ist keine Gabe des Geistes, er ist eine Gabe des Herzens.

Leichtsinn ist ein Schwimmgürtel für den Strom des Lebens.

Man heilt Leidenschaften nicht durch Verstand, sondern durch andere Leidenschaften.

Man kann eine Idee durch eine andere verdrängen, nur die der Freiheit nicht.

Minister fallen wie Butterbrote: gewöhnlich auf die gute Seite.

Nichts ist dauernder als der Wechsel.

Nichts ist gefährlicher als Intelligenz ohne Charakter.

Nur in der Jugend ist man Weltbürger. Die besten unter den Alten sind nur Erdenbürger.

Ob wir spotten oder ernst sind, kriechen oder hüpfen, zaudern oder fortstürmen, hoffen oder fürchten, glauben oder zweifeln, – am Grabe begegnen wir uns alle.

Ohne Witz kann man nicht auf die Menschheit wirken.

Regierungen sind Segel, das Volk ist Wind, der Staat ist Schiff, die Zeit ist See.

Reichtum macht das Herz schneller hart als kochendes Wasser ein Ei.

Seitdem das Wunderbare vor unseren Augen sich erfüllt hat, haben wir alle Berechnung für das Natürliche verloren.

Trost gibt der Himmel, von dem Menschen erwartet man Beistand.

Tugenden und Mädchen sind am schönsten, ehe sie wissen, dass sie schön sind.

Um alt zu werden, darf man keine Grundsätze haben.

Was ist selbst der glücklichste Mensch ohne Glauben? Eine schöne Blume in einem Glase Wasser, ohne Wurzel und ohne Dauer.

Wenn das Schicksal ruft: Le jeu est fait, messieurs!- so achten das die wenigsten. Er wenn sie hören: Rien ne va plus! bekommen sie Lust, aber zu spät.

Wer in der wirklichen Welt arbeiten kann und in der idealen lebt, der hat das Höchste erreicht.

Wir leben immer für die Zukunft: Ewiges Stimmen, und nie beginnt das Konzert.

Zank ist Rauch der Liebe.Zum Glauben geht der Weg über den Unglauben.


eigentlich Löb Baruch, Schriftsteller, *Frankfurt am Main 6.5. 1786, gestorben in Paris am 12.2. 1837; Theaterkritiker; 1818 Übertritt zum Protestantismus; lebte seit 1830 in Paris; vermittelte den radikalen französischen Liberalismus und stellte die These auf, dass das ästhetische Zeitalter vom politischen abgelöst und die Literatur zur Dienerin der Politik werde (Junges Deutschland). Seine polemisch-witzigen Schriften wirkten anregend auf die Entwicklung des Feuilletons. »Briefe aus Paris« (1832-34).